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EEG-Reform abgesagt, weiter so wie bisher, bis 2018 wurschteln wir uns noch durch, aber zentral geplant.

11 Nov

Die Kanzlerin hat eine grundlegende Reform des EEG vor der Wahl angekündigt und nach der Wahl die Reform des ordnungspolitischen Rahmens, in dem die Energiewende stattfinden soll, als das große Projekt der neuen Koalition angekündigt, an dem die Koalition sich messen lassen soll. Alles in allem bin ich enttäuscht, um nicht zu sagen entsetzt, von der Hasenfüßigkeit der Großen Koalition. Nach einer großen Reform der Energiewende sieht das nun beileibe nicht aus – im Großen und Ganze weiter so wie bisher, ist das Motto.

Bezahlbarkeit und Versorgungssicherheit seien gleichrangige Ziele zu Klima- und Umweltverträgichkeit, heißt es. Allerdings fehlen für die Ziele Bezahlbarkeit und Versorgungssicherheit nach wie vor jegliche Zielvorgaben, während im Bereich des Ausbaus der Erneuerbaren Energien detailliert Zahlen genannt werden. Das suggeriert, dass die beiden Ziele Bezahlbarkeit und Verlässlichkeit nach wie vor faktisch nicht ernst genommen werden. Welcher Strompreis wird noch als akzeptabel angesehen? 30 cent/kwh? 40 cent/kwh? Welche EEG-Umlage wäre noch ok? 10 cent? 8 cent? egal? Wie viele Stromausfälle oder „lost load“ können wir pro Jahr tolerieren? Dazu findet sich nichts. So wird man stets behaupten können, das Ziel erreicht zu haben. Im Wesentlichen geht es hier um Kosmetik.

Der gesamte Ansatz ist insgesamt überaus planwirtschaftlich angelegt. Markt und Wettbewerb spielen so gut wie gar keine Rolle, fast alles soll ganz genau staatlich vorgegeben werden. Wer wann wo wie und wie viel Strom produzieren und verbrauchen soll – das alles sollte idealerweise zentral geplant werden, so wohl die Grundidee. Eine ernsthafte Reform des EEG wird vermieden, selbst vor einer verpflichtenden Direktvermarktung, meinthalben im Rahmen eines verpflichtenden Marktprämienmodells, für sämtliche Neuanlagen schreckt man zurück, stattdessen soll die weitere Alimentierung fast aller EE-Anlagen auf Kosten der Verbraucher erfolgen, nur noch ausdifferenzierter als heute. Bei Offshore-Wind wird im Wesentlichen nachvollzogen, was ohnehin schon Realität ist. Ein echter Systemwechsel nicht vor 2018, also faktisch vermutlich noch später.

Diese Politik wird ganz sicher nicht Arbeitsplätze und Wertschöpfung in Deutschland sichern, sondern sie nachhaltig gefährden. Und das ist auch das einzig Nachhaltige daran. Für den Klimaschutz wird fast auch nichts getan. Welche Überlegungen gibt es, den Wärmemarkt und den Verkehrssektor in das Europäische Emissionshandelssystem mit einzubeziehen? Wohl keine. Auch eine automatische Rückkopplung zwischen dem Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien und der 2009 festgelegten europaweiten CO2-Obergrenze ist nach wie vor nicht geplant, ein einmaliges Backloading ist alles (das vermutlich genauso einmalig wie viele Rettungspakete, einmalige Steuererhöhungen, und andere einmalig immer wieder wiederholt vorkommende Ereignisse). Das mangelnde Augenmerk auf die CO2-Reduktion zeigt, dass der Ausbau der Erneuerbaren nicht aus Klimaschutzgründen geschehen soll. Ansonsten sollten wir das viele Geld nehmen und den Ausbau von Solaranlagen in Entwicklungsländern finanzieren – dort würden sie nämlich wirklich CO2 einsparen, da diese Länder bisher keine Begrenzung ihres CO2-Ausst0ßes festgelegt haben. Geplant ist zwar die Reduktion der Klimagase in Deutschland um 40 Prozent (im Vergleich zu 1990) bis 2020 – eine verbindliche Begrenzung des CO2-Ausstoßes durch Reduktion/Rückgabe/Aufkauf der CO2-Zertifikate scheint aber nicht geplant. Und dass man mit demselben Geld in anderen Teilen der Welt viel mehr CO2 einsparen könnte, ist den allermeisten ohnehin vollkommen egal, warum auch immer.

Die besten Überlegungen finden sich noch im Bereich Netzentgelte (Änderung der Entgeltstruktur und G-Komponente, wie von der Monopolkommission vorgeschlagen) und stärkeres Einbeziehen der Eigenerzeugung in die EEG-Umlage. Auch die Reform der Ausnahmeregeln ist prinzipiell gut, aber sie trifft nicht den Kern des Problems. Das ist nämlich die Kostenentstehung und nicht die Kostenverteilung. Am Ende muss der Verbraucher das Ganze doch bezahlen, ob als Teil der Stromrechnung, durch teurere Bahntickets oder andere höhere Produktpreise. Wenigstens hat man sich nicht voreilig auf die nächste Subvention in Form von Kapazitätsmärkten geeinigt, aber die kommen sicher auch noch, um die Versorgungssicherheit für verfehlte Kraftwerksinvestitionen zu schaffen.

Alles in allem wird hier gerade die Chance für eine echte Reform, die den Namen auch verdient, verspielt. Schade. Dann eben mit Volldampf in die Energieplanwirtschaft, mit Nationalem Aktionsplan statt mit Fünfjahresplan, wenigstens ein neuer Name für das Ganze.

PS: Geteiltes Leid ist halbes Leid,  einige Kollegen sind laut FAZ nicht weniger entsetzt.

PPS: Mein Interview zum Thema in der Süddeutschen Zeitung.

PPPS: Noch ein Interview zum Thema in Finanz und Wirtschaft (Schweiz).

Die EEG-Umlage: Und sie steigt und steigt und steigt…..

16 Okt

Letztes Jahr habe ich mit Felix Matthes vom Öko-Institut über die EEG-Umlage 2014 gewettet:

Felix Chr. Matthes (@felixmatthes) 12. Oktober 2012: @oekoinstitut Die Zahlen sind ja transparent und wir uns ziemlich sicher. However, die Wette gilt! Was ist der Einsatz, @haucap?

Dazu die Pressemitteilung vom Öko-Institut vom 1.10.2013, wonach sich die Umlage 2014 stabilisieren werde.

Leider habe ich die Wette ja nun doch gewonnen, wie Felix Matthes heute eingeräumt hat:

Habe die Wette mit Justus @haucap zur EEG-Umlage 2014 krachend verloren. Analyse zu Treibern der Umlage & zur EEG-Reform alsbald auf oeko.de — Felix Chr. Matthes (@felixmatthes) October 15, 2013

Die Wirtschaftswoche green hat das heute sogar berichtet.

Ich bin nun gespannt, wie es nach der Koalitionsbildung mit der Ökostromförderung weitergeht. Dazu noch ein paar Anmerkungen meinerseits heute bei Montel, einem norwegischen Energie-Newsdienst. Dass ich ein Quotenmodell für das beste Fördersystem halte, ist kein Geheimnis. Kurzfristig dürften die Chancen dafür aber schlecht sein, zu gewaltig ist da der Lobbyeinfluss von Branchenvertretern. Aber letztlich ist jedes Fördermodell, das zu einer stärkeren Marktintegration führt, besser als das heutige EEG.

Nochmal zum Quotenmodell

15 Sept

Björn-Lars Kuhn, Inhaber der Proteus Solutions GbR und Gründungsmitglied der Energieblogger, hat versucht, mich am 12. September 2013, mit – wie ich finde – etwas fraglichen Methoden hier zu diskreditieren.

Dass ich mich im ÖkonomenBlog der INSM und anderenorts immer wieder äußere, gefällt einigen Freunden der Photovoltaik ja nun bekanntermaßen gar nicht, sodass in Ermangelung sachlicher Argumente wohl versucht wird, mir eine ehrenrührige Motivlage anzudichten. Es kann doch einfach nicht sein, dass jemand ohne Bezahlung eine andere Meinung hat als wir! Der muss doch einfach dafür bezahlt werden. Lass uns das doch einfach mal den Verdacht schüren….ich habe wenig Respekt vor einer solchen Vorgehensweise, an der sich auch so bekannte Leute wie Franz Alt zu meinem Kummer aktiv beteiligen.  Auf den Vorwurf, dass ich von der INSM eingekauft worden sei, habe ich ja bereits hier reagiert. Ich will aber auch kurz auf verschiedene andere Vorwürfe eingehen:

Björn-Lars Kuhn schreibt: „Die Diskussion um eine Novelle des EEG ist wichtig, weil die zahlreichen Änderungen der vergangenen Jahre dazu geführt haben, dass das EEG nicht mehr den Ausbau der Erneuerbaren Energien fördert, sondern einen viel zu weit gefassten Kreis von Unternehmen, die nicht im internationalen Wettbewerb stehen und nicht mehr als energieintensiv bezeichnet werden können. Hier ist eine Schieflage entstanden, mit der die Energiewende in Misskredit gebracht wird. Haucap schweigt zu diesem offenkundigen Zusammenhang und schiebt Kostensteigerungen allein auf den angeblich ungezügelten Ausbau der angeblich teuren Erneuerbaren.“

Hier wird die Unwahrheit verbreitet. Ich schweige dazu nämlich keineswegs. Bereits ganz vorne im Sondergutachten der Monopolkommission widmet sich die Textziffer 3* in der Kurzfassung dieser Thematik, und in den Textziffern 11 bis 18 der Langfassung geht die Monopolkommission (der ich angehöre, genau – das will ich nicht verheimlichen, eine ziemlich alberne Unterstellung) unter der Überschrift „Befreiung stromintensiver Unternehmen von den Kosten der Energiewende“ auf das Thema ein. Ich empfehle hier alle 8 Textziffern (also von 11 bis 18) im Zusammenhang zu lesen und sich nicht durch aus dem Zusammenhang gerissene Zitate in die Irre führen zu lassen.  In der Pressemitteilung der Monopolkommission steht dann relativ weit vorn auch noch:  „Kostensteigerungen resultieren dabei nicht allein aus der gegenwärtigen Förderung der erneuerbaren Energien, sondern auch aus dem erforderlichen Netzausbau und neuen Ausgleichsmechanismen.“ Die Behauptung von Herrn Kuhn ist daher schlicht und einfach unwahr.

Björn-Lars Kuhn schreibt auch: „Eine Empfehlung für ein Quotenmodell auszusprechen, ohne auf die Folgen zur Verfestigung von Oligopolen hinzuweisen, die sich durch eine Umsetzung ergeben würden, ist schon mehr als grenzwertig.“

Dass ein Quotenmodell zu einer Verfestigung von Oligopolen führt, ist einfach eine Behauptung, die weder theoretisch gut fundiert ist noch empirisch belastbar ist. Die empirische Evidenz besteht – so mein Eindruck – vor allem darin, dass zahlreiche Anhänger des EEG, insbesondere aus dem PV-Bereich, sich diese Vermutung gegenseitig bestätigen, jedoch ohne dass es wirklich belastbare Befunde gibt. Das sicherlich nicht gerade als Vorzeigemodell taugliche Quotenmodell aus Großbritannien (siehe dazu ausführlich die Textziffern 302 bis 309 unseres Sondergutachtens) hat sicher viele Schwächen. Allerdings hat der britische Stromgroßhandelsmarkt trotz allem nach wie vor die geringste Marktkonzentration in Europa. Meine Befürchtung ist, dass im Gegensatz zum Quotenmodell vor allem ein Ausschreibungsmodell, das ja teilweise auch favorisiert wird, diese konzentrationsfördernden Prozesse bewirken könnte. Zudem haben wir im Gutachten sogar (a) bestimmte Sonderregeln für Betreiber kleiner Anlagen (z.B. Textziffer 24*) vorgesehen und (b) aufgrund der Netzparität wird der Eigenverbrauch mit PV ohnehin profitabel bleiben, völlig unabhängig von jeder direkten Förderung.

Zu bedenken ist aber vor allem folgendes: Nach unserem Quotenmodell sollen ja ganz bewusst nicht die Stromerzeuger mit der Quotenpflicht belegt werden, sondern diejenigen, die Strom an Endkunden verkaufen. Das sind viele (etwa 900) Stadtwerke, ganz unabhängige Anbieter und auch die großen Konzerne. Die Anbieter werden – weil sie im Wettbewerb stehen – versuchen, möglichst günstig grünen Strom zu beziehen. Das befördert den Wettbewerb und nicht die Oligopolbildung. Zudem soll das Quotenmodell nicht rückwirkend gelten, sondern nur für den weiteren Zubau. Ich bin absolut überzeugt, dass ein Quotenmodell (a) beim heutigen Entwicklungsstand von PV etc. und (b) der heutigen Marktstruktur des deutsch-österreichischen Großhandelsmarktes (dazu sehr detailliert die Seiten 60 bis 92 unseres Sondergutachtens) einer Re-Oligopolisierung keinen Vorschub leisten wird.

Ein Argument mag nun sein, dass bestimmte Anbieter viel günstiger grünen Strom erzeugen können als andere. Dies mag in der Tat so sein, aber dann wäre es doch eine gute Botschaft, wenn grüner Strom noch günstiger würde. In einem funktionsfähigen Wettbewerb sollen sich schließlich effiziente Anbieter durchsetzen und nicht – wie bisher im EEG – die teuerste Technologie auch noch die höchste Marge erhalten. In der PV-Branche scheint es einigen jedoch primär darum zu gehen, diese attraktiven Margen ohne Rücksicht auf die Verbraucher zu erhalten.

Die folgende Tabelle verdeutlicht einmal, wie sich die durchschnittliche EEG-Auszahlung pro kwh EEG-Strom entwickelt hat. 2011 haben wir – trotz Absenkung der Vergütung für Neuanlagen – mehr als doppelt so viel gezahlt wie 10 Jahre zuvor. Der Grund ist vor allem die völlig überzogene Förderung der Photovoltaik. Die teuerste Technologie wurde auch noch mit den höchsten Margen gesegnet, sodass wir von ihr am meisten bekommen haben. In einem Quotenmodell und auch bei einer technologieneutralen Marktprämie bekäme hingegen die günstigste EE-Technologie die höchsten Margen, so wie es auch sein sollte, und würde so am stärksten ausgebaut.

Jahr EEG-Auszahlung (Mio €) EEG-Strom (GWh)

Ø-Vergütung

pro MWh

2000

1.177,30

13.854

84,98

2001

1.576,60

18.145

86,89

2002

2.225,50

24.969

89,13

2003

2.603,80

28.418

91,63

2004

3.611,50

38.511

93,78

2005

4.498,90

43.966

102,33

2006

5.810,30

51.545

112,72

2007

7.653,30

67.053

114,14

2008

9.015,60

71.148

126,72

2009

10.779,80

75.054

143,63

2010

13.182,10

80.699

163,35

2011

16.763,00

91.228

183,75

2012

18.044,00

109.328

165,04

Quelle: Eigene Berechnungen nach Daten von BDEW (2013), Tabellen 5 und 6, S. 51.

Bisweilen wird angeführt, der sinkende Börsenpreis sei dafür verantwortlich, dass die EEG-Umlage so nach oben geschossen ist (Vervierfachung allein zwischen 2009 und 2013). Auch das ist nicht richtig.

Der lastgewichtete Durchschnittspreis für Strom hat sich an der Strombörse EEX wie folgt entwickelt (vgl. Sondergutachten der Monopolkommission, Textziffer 230):

2006               54,46
2007               41,04
2008               69,02
2009               41,36
2010               46,27
2011               53,03
2012               45,12

Von den EEG-Befürwortern wird oft – sehr geschickt – das Jahr 2008, in dem die Strompreise außergewöhnlich hoch waren (bis September 2008 hatten wir Hochkonjunktur), als Vergleichsjahr genommen. Das finde ich eher unredlich.

Richtig ist allerdings, dass die nächste Steigerung der EEG-Umlage, die am 15. Oktober 2013 bekanntgegeben wird, jetzt wirklich einiges mit den 2013 gesunkenen Börsenpreisen zu tun hat. Dies kann den Anstieg der EEG-Umlage von 2013 auf 2014 zum Großteil erklären. Der Anstieg der EEG-Umlage bis 2013 hat allerdings so gut wie nichts mit sinkenden Börsenpreisen zu tun. Das ist eher ein Märchen, denn die Börsenpreise waren ja –mit Ausnahme von 2008 – relativ stabil. Zurückzuführen ist der Anstieg der EEG-Umlage von 1,31 Cent/kWh im Jahr 2009 auf 5,277 Cent/kwh in 2013 allererster Linie auf die massive Überförderung der Photovoltaik, an der sich einige nun dumm und dusselig verdienen. Mir ist klar, dass hier das Interesse riesengroß ist, den Status Quo möglichst lange beizubehalten und, weil es um so viel Geld geht, auch mit harten Bandagen gekämpft wird.

Das von Björn-Lars Kuhn zitierte Interview im Rahmen der RWE-Studie ist übrigens von Mai 2012. Man kann das jetzt mit Zahlen von 2013 vergleichen – aber ohne darauf hinzuweisen, finde ich es auch seltsam. Man kann auch der Meinung sein, dass es in Bayern auch bei Abschaltung der Atomkraftwerke keine Versorgungsengpässe geben wird. Ich bin aber sicher nicht der einzige, der es nicht für total unrealistisch hält, dass hier – wenn auch nur für eine gewisse Zeit – Versorgungslücken entstehen könnten. Dass wir bereits heute Reservekraftwerke in Österreich kontrahieren, kann man natürlich auch ignorieren. Selbst wenn man der Auffassung ist, dass es auch ohne jede Importe gehen wird (selbst zu Spitzenlastzeiten), würde ich auch einmal retrospektiv die Prognosen der Experten studieren, die das EEG so befürworten.  Abbildung 4 in diesem DIW-Wochenbericht vom Februar 2011 ist ganz witzig, oder diese Studie von 2010, in der auf Seite 10 eine EEG-Umlage von 2,7 Cent/kwh für 2015 prognostiziert wird….

Auf die veränderte Risikoteilung gehen wir in den Textziffern 268 bis 273 des Sondergutachtens ein, das will ich hier nicht alles wiederholen.

Man kann gern anderer Meinung sein und mich auch total bescheuert finden. In der Deutschen Apotheker Zeitung wurde ich auch schon als „Depp der Nation“ bezeichnet, und wenn ich sage, dass auch kommunale Wasserpreise unter behördliche Aufsicht gestellt werden müssen, werde ich von Lokalpolitikern teilweise auch ausgebuht. Die Art und Weise, wie einige Protagonisten der Solarenergie nun aber vorgehen, ist mir jedoch neu.

Was ist ein Mietmaul?

13 Sept

Meine neuen Freunde aus der Solarbranche fragen sich, ob ich ein „Mietmaul“ bin, z. B. hat Franz Alt das hier auf seiner Seite publiziert oder meine Kollegin Claudia Kemfert fragt sich das hier per Retweet bei Twitter und viele andere haben das auch retweetet.

Ich bin bei keiner Redneragentur gelistet (zumindest weiß ich nichts davon) und werde auch von keiner Redneragentur vermarktet. Es ist also nicht so einfach, mein „Maul“ zu mieten.

Bei zahlreichen Redneragenturen gelistet und von diesen vermarktet werden aber Claudia Kemfert (Auswahl hier, hier, hier) und Franz Alt (Auswahl hier, hier, hier).

Ich habe gar nichts dagegen. Ich finde es aber irgendwie witzig.

PS: Dass ich entgegen einiger Vermutungen nicht für meine Äußerungen oder gar Meinung zum EEG von der INSM bezahlt wurde oder werde, habe ich ja schon hier dargelegt. Und zu den Vor- und Nachteilen des Quotenmodells äußere ich mich am Wochenende ausführlich, heute lag zu viel Anderes an.

Wettbewerb in Zeiten der Energiewende, Verein für Socialpolitik, Ökonomen-Ranking, Spritpreis-Navi – Vorfreude auf eine spannende Woche :-)

1 Sept

Die kommende Woche wird (für mich) spannend, aus vielerlei Gründen:

Erstens wird die Monopolkommission am Donnerstag um 11.00 Uhr ihr aktuelles Sondergutachten zu „Strom und Gas 2013: Wettbewerb in Zeiten der Energiewende“ vorstellen. Daniel Wetzel hatte in der WELT hatte schon vor einiger Zeit darauf hingewiesen (hier) und DER SPIEGEL nutzt das Gutachten auch gleich mit als Aufmacher auf dem Titel (Vorabmeldung hier). Gerade rechtzeitig dazu ist auch das von Jürgen Kühling, Carolin Klein und mir verfasste Buch über „Die Marktintegration der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien“ aus der Druckerei gekommen (hier zu sehen). In dem Buch, das auf unserem Gutachten für den Freistaat Sachsen basiert, legen wir die Grundzüge eines Quotenmodells nach schwedischem Vorbild ausführlich dar. Am Dienstag kann darf ich bereits in einer Keynote auf der EWI/FAZ Energietagung in Köln über das Modell reden und diskutieren.

Bei der Vorstellung des Sondergutachtens der Monopolkommission kann ich leider nicht dabei sein, denn zeitgleich haben wie die Jahrestagung des Vereins für Socialpolitik bei uns in Düsseldorf, zum ersten Mal in der 140-jährigen Geschichte des Vereins, mein zweiter Grund zur Freude. Der Verein für Socialpolitik ist die größte  Vereinigung von Ökonomen in Deutschland, wir erwarten fast 1000 Gäste, um über Wettbewerbspolitik und Regulierung in einer globalen Wirtschaftsordnungs zu sprechen. Ich freue mich auf die hochkarätigen Keynote Speaker, aber auch über unsere eigenes DICE-Panel über „Wettbewerb über Internet Plattformen“ am Freitag abend, an dem Vertreter von Google, der Deutschen Telekom, dem Bundeskartellamt sowie Wissenschaftler aus Recht und Ökonomie teilnehmen werden (und das ich moderieren darf).

Drittens wird am Montag (also morgen) das Handelsblatt Ranking VWL 2013 publiziert, auf das viele Ökonomen stets mit Spannung warten. Als kleine Fakultät haben wir es da in Düsseldorf arg schwer uns zu platzieren, zumal da wir just vor dem Stichtag 1.7.2013 einige Abgänge zu einem (für das Ranking) ungünstigen Zeitpunkt hatten. Es wird in dieser Woche im Übrigen auch noch ein zweites Ökonomen-Ranking geben, das am Mittwoch abend auf dem Empfang des DICE kurz vorgestellt werden wird – mehr kann ich dazu jedoch noch nicht verraten.

Viertens freue ich mich, weil ich in der nächsten Woche zwei Top-Neuzugänge für die VWL in Düsseldorf bekanntgeben darf, auch dazu mehr am Mittwoch beim Empfang des DICE.

Und fünftens freue ich mich, weil die Spritpreis-App (mit Echtzeit-Preisdaten) nun tatsächlich Realität wird (Vorbericht dazu z. B. hier). Es ist einem ja nicht so oft vergönnt, dass Ideen aufgenommen und auch umgesetzt werden (obwohl unser langjähriges immer wieder wiederholtes Plädoyer in der Monopolkommission für die Liberalisierung des Buslinienfernverkehrs ja auch irgendwann gefruchtet hat und nach fast 100 Jahren jetzt sogar das Branntweinmonopol endlich abgeschafft wird).

Die nächste Woche wird also spannend, auch wenn die letzte Woche sogar noch viel spannender war, aber aus ganz privaten Gründen.

EEG oder Klimaschutz – Neue Debatte im „Forum der Ökonomen“

2 Jun

Im Plenum der Ökonomen wurde am vergangenen Mittwoch (29.5.2013) eine neue Debatte zum Thema Energiepolitik initiiert. Dazu habe ich dann am Freitag folgende Email erhalten:

———————

„Liebe Kolleginnen und Kollegen,

das Präsidium des Plenums der Ökonomen hat eine neue Debatte zur  Energiepolitik in Deutschland und Europa gestartet, mit dem Titel „Ist ein Nebeneinander des Europäischen Emissionshandels und der Förderung erneuerbarer Energien sinnvoll?“ Den Starttext zu dieser Debatte mit einer Reihe einführender pro- und contra-Argumente finden Sie ab sofort auf der Homepage des Plenums der Ökonomen unter:  http://www.wiso.uni-hamburg.de/lucke/ .  Die Debatte beginnt sofort und endet am 30. Juni 2013. Im Anschluss werden wir eine Abstimmung unter den Plenumsmitgliedern zu diesem Thema durchführen.  (…)

Das Präsidium des Plenums der Ökonomen – Andreas Haufler, Monika Merz, Wolfram Richter und Bernd Lucke“

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Ich habe mich auch sofort mit einem Beitrag beteiligt, der dort nachzulesen ist. den ich aber hier auch noch einmal wiedergebe, da im Plenum der Ökonomen nur die dort angemeldeten Mitglieder diskutieren können.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

zunächst einmal Danke für das Anstoßen und die Organisation dieser Debatte. Das EEG birgt in der Tat viele Probleme.

Das Nebeneinander von Europäischem Emissionshandel und der im EEG angelegten Form der Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien (EE) erscheint in der Tat redundant. Dies muss aber nicht heißen, dass jede Form der Förderung erneuerbarer Energien neben dem Europäischem Emissionshandel überflüssig ist (wie die Überschrift ggf. suggerieren mag). Beihilfen gezielt für Forschung und Entwicklung (FuE) können sinnvoll sein, da ja bei Innovationen oft positive vertikale und horizontale Externalitäten existieren. Für die Gewährung von FuE-Beihilfen haben wir deswegen ja extra (recht großzügige) Leitlinien der Europäischen Kommission. Das EEG jedoch setzt hier bestenfalls ziemlich stumpfe Anreize für Innovationen.

Mein Eindruck ist allerdings (leider), dass die Bundesregierung und der Gesetzgeber den Ausbau der Stromerzeugung heute “einfach so” wollen, d.h. es ist gar kein Unterziel mehr, das dem Klimaschutz dienen soll, sondern ein Ziel an sich (warum auch immer). In §1 Abs. 1 des Energiewirtschaftsgesetzes heißt es: “Zweck des Gesetzes ist eine möglichst sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente und umweltverträgliche leitungsgebundene Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität und Gas, die zunehmend auf erneuerbaren Energien beruht.” Der letzte Halbsatz ist erst 2011 eingefügt worden. Im EEG ist der Ausbau immerhin noch als Unterziel formuliert (siehe hier §1 EEG).

Das EEG löst zugleich gigantische Umverteilungen aus (insbesondere nach Bayern, 2012 Netto-Zufluss 1,2 Mrd. Euro, siehe hier), daher wird sich die CSU gegen jedwede Reform zulasten bayrischer Solarwirte wohl ziemlich sperren. Aufgrund der besonderen Rolle der CSU im deutschen Föderalismus sehe ich für eine Reform ohne Hilfe aus Brüssel schwarz.

Trotz oder vielleicht gerade wegen dieser ungünstigen Voraussetzungen ist die Debatte hier umso wichtiger.

Zu den oben nicht explizit genannten Schwächen des EEG gehören auch:

1) Die masive Überförderung der Photovoltaik hat dazu geführt, dass die Förderung pro kWh EE-Strom drastisch gestiegen ist. Haben wir im Jahr 2000 noch 8,5 ct/kWh und selbst 2005 noch 10,0 ct/kWh grünen Strom auf den Börsenpreis oben draufgelegt, waren es 2011 dann 17,9 ct/kwh. Die Subventionen waren also 2011 pro kWh grünem Strom mehr als doppelt so hoch wie noch 10 Jahre zuvor. Dies liegt daran, dass die Solarenergie (als teuerste Form des EE-Stroms) auch noch mit den höchsten Gewinnmargen gesegnet wurde, sodass sich der Anteil der sehr teuren Solarenergie im EE-Strommix drastisch erhöht hat. (Die Berechnungen ergeben sich als EE-Fördersumme geteilt durch EE-Strommenge). Die Vorstellung, dass Politiker in Zukunft besser als bisher prognostizieren könnten, wie sich die Kosten für Solarpanels entwickeln werden, ist wohl bestenfalls als naiv zu bezeichnen.

2) In Deutschland stehen heute über 35% der weltweit installierten Solarstromkapazitäten (siehe Abb. 12 auf S. 48 hier). Dieselben Anlagen könnten im Süden Spaniens die doppelte Strommenge wie in Deutschland erzeugen. Eine gigantische allokative Ineffizienz und ein absoluter Misserfolg des EEG. (Ich benutze das Beispiel immer, um den Unterschied zwischen Kausalität und Korrelation zu erklären – nicht überall, wo man Solarpanels aufstellt, scheint dann auch die Sonne – schade eigentlich bei diesem Frühling ;-) )

3) Das EEG-Modell ist im Gegensatz zum Europäischen Emissionshandel (oder auch einem Quotenmodell) nicht binnenmarktkompatibel , da immer nur national gefördert wird. Die erheblichen Vorteile des Binnenmarktes werden beim EEG völlig verschenkt.

Ich will den Diskussionsbeitrag hier gern kurz halten. Weitere Ausführungen meinerseits zum Thema sind kurz hier und etwas länger hier.

Meine Quintessenz: Eigentlich brauchen wir neben dem Emissionshandel keine separate Förderung erneuerbarer Energien (abgesehen von FuE-Beihilfen und Patentschutz). Wenn der Ausbau der Erneuerbaren aber trotzdem, warum auch immer, ein separates Ziel ist, das auch völlig unabhängig vom Klimaschutz verfolgt werden soll, dann wäre zumindest für die Zukunft eine effiziente Förderung (wie z. B. mit einem Quotenmodell) wesentlich besser als das bisherige EEG.